Selbstüberschätzung und ihre Konsequenzen
Heute möchte ich Ihnen gerne eine Frage stellen. Niemand kritisiert oder wertet Ihre Antwort dazu. Notieren Sie sich einfach im Geiste, wie Sie folgendes beantworten würden: Wie schätzen Sie Ihre Leistung im Vergleich zu der Ihrer KollegInnen und anderen Mitarbeitenden in der Organisation ein? Würden Sie antworten, dass Sie zu den besten 1% zählen? Zu den besten 5%? Oder vielleicht zu den besten 10 oder 20%? Sehen Sie sich unter den besten 30%? Sie haben noch nicht genickt – gehören Sie dann vielleicht zu den besten 50% in Ihrem Unternehmen?
Sie haben Ihre Antwort geistig notiert und fragen sich jetzt, was das bringen soll? Schauen wir zunächst an, wie andere Menschen auf diese Frage geantwortet haben. Die Global Coaching Group hat mehr als hunderttausend Menschen auf der ganzen Welt diese Frage gestellt. Die Ergebnisse sind verblüffend:
- 70% sagen, dass sie zu den besten 10 % in ihrem Unternehmen gehören.
- 82% denken, dass sie zu den Top 20 gehören.
- 98% glauben, dass sie in der oberen Hälfte sind und
- lediglich 2% glauben, dass sie in der unteren Hälfte sind.

Statistisch gesehen ergibt das keinen Sinn: Wenn 98% der Mitarbeitenden denken, sie seien in der oberen Hälfte ihrer Vergleichsgruppe, wäre die untere Hälfte nahezu nicht vorhanden. Wir lernen daraus, dass Menschen, die sich für erfolgreich halten, dazu neigen, ihren Erfolg zu überbewerten und eine falsche Selbsteinschätzung ihrer Leistung haben.
Selbstüberschätzung begegnet uns überall
Bei der Selbstüberschätzung oder dem sogenannten „Overconfidence-Effekt“, handelt es sich um die übertrieben positive Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten. Menschen, die sich selbst überschätzen, sind in der Annahme, dass sie anderen gegenüber überlegen sind. Sie glauben, dass sie mehr können, länger durchhalten oder einen größeren Einfluss haben, als es tatsächlich der Fall ist. Psychologen sprechen in diesem Fall auch von einer kognitiven Wahrnehmungsverzerrung. Das Phänomen der Selbstüberschätzung ist überall präsent. Online beispielsweise begegnen uns täglich Menschen, die vermeintlich alles besser könnten, wenn man sie nur lassen würde. Tausende selbsternannte Experten loben ihre Fähigkeiten in den Himmel. Oftmals jedoch ist das nichts weiter als heiße Luft. Selbstüberschätzung ist aber nichts neues und keinesfalls auf das Internet oder Berufsleben beschränkt. Der englische Philosoph Bertrand Russel brachte es bereits Anfang der 90er-Jahre mit den Worten „in der modernen Welt sind die Dummen vollkommen sicher, während die Intelligenten voller Zweifel sind“ auf den Punkt.
Konsequenzen der Selbstüberschätzung in Unternehmen
Überschätzen Führungskräfte, Manager und Mitarbeitende sich und ihre Leistung führt das in der Folge meist dazu, dass sie nicht die versprochenen Leistungen liefern und zudem noch für schlechte Stimmung im Team sorgen. Stellen Sie sich hierzu einmal vor, dass während einer Teambesprechung ein einzelner Mitarbeitender von seiner angeblichen Glanzleistung berichtet. Ein Blick auf die Kollegen zeigt, dass diese genau wissen, warum das Projekt ein Erfolg wurde – weil sie die Arbeit des Kollegen oder Kollegin mitübernommen haben. Die Kombination von Inkompetenz und Selbstüberschätzung ist ein explosives Pulverfass, weshalb Führungskräfte schon bei der Einstellung neuer Mitarbeitender auf entsprechende Warnsignale achten sollten.
Je höher die Position desto höher die Selbstüberschätzung
Wurden Sie schon einmal befördert? Haben Sie erlebt, dass alle plötzlich über Ihre Witze lachen, gespannt den Geschichten lauschen, die Sie erzählen und Ihnen auf einmal im Vorbeigehen zulächeln? In der Regel halten sich viele, die in der Hierarchie aufsteigen, auch selbst für lustiger, interessanter und kompetenter als andere. Grundsätzlich ist diese Haltung natürlich, aber sie führt auch zu einem Problem. Sind Menschen der festen Überzeugung, dass sie zu den besten 10% in ihrem Unternehmen gehören, fällt es ihnen zunehmend schwerer, das Feedback von den 90% zu akzeptieren und anzunehmen, die in ihren Augen schlechtere Leistungen bringen, al sie selbst. Es kommt sogar noch schlimmer: Es zählen nur noch die Rückmeldungen von Menschen, die der eigenen Selbsteinschätzung beipflichten – alle anderen Meinungen haben überhaupt kein Gewicht mehr. Je höher die Position in der Organisation, desto schwerer fällt es, um Hilfe zu bitten, sich selbst zu verbessern.
Damit Sie als Führungskraft nicht in die Falle der Selbstüberschätzung treten, habe ich in meinem Buch „Das Phönix-Prinzip“ anschauliche und praxisorientierte Ansätze beschrieben, die Ihnen dabei helfen, Ihren Führungsstil zu überdenken und sich selbst zu reflektieren. Eine realistische Selbsteinschätzung sorgt nicht nur dafür, dass wir uns stetig verbessern, sondern auch für Erfolge, die von anderen anerkannt werden.
Wollen Sie Ihren eigenen, authentischen Führungsstil entwickeln? Dann lassen Sie uns sprechen. Machen Sie direkt hier einen Termin mit mir aus.